Wissenstransfer auf einem ganz besonderen Marktplatz - Bericht vom GA Meeting in der Steiermark
Um den Wissensaustausch zwischen Praxis und Wissenschaft zu fördern wurde im Rahmen des StarTee General Assembly Meetings in Neuberg ein “Marktplatz” organisiert. Dieser Event diente neben der Darstellung der heimischen Vielfalt an Nichtholzprodukten (NHP) vor allem auch als Diskussionsplattform für regionale VertreterInnen aus der Praxis und den ProjektpartnerInnen.
Mit tatkräftiger Unterstützung des “StarTree Praxispanel Steiermark” und der Einsatzfreude der RepräsentantInnen aus den jeweiligen Regionen konnten folgende Marktstände organisiert werden:
Marktstand |
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Familienbetrieb Holzer “Michlbauer” aus Neuberg/Mürz |
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ARGE Zukunft Edelkastanie |
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Nach einer kurzen Einführung in das “Knowledge Exchange Event”, wie dieser in StarTree bezeichnet wird, begann Bettina Wanschura (PlanSinn GmbH, Moderatorin des Meetings) die RepräsentantInnen der jeweiligen Stände zu interviewen. Zentrale Themen, die hierbei besprochen wurden, umfassten: i) allgemeine Informationen über die Organisation/Institution, ii) die Entwicklungsgeschichte iii) die wesentlichen Ziele, sowie iv) den Bezug zu NHP. Im Anschluss an diese einleitenden Gespräche hatten die TeilnehmerInnnen die Gelegenheit, den Marktplatz auf eigene Faust zu erkunden.
Im Anschluss wurden im Plenum gemeinsam die wesentlichen Elemente der bisherigen Gespräche erörtert. Sowohl die PraxisvertreterInnen als auch die WissenschafterInnen wurden gefragt, welche Erkenntnisse Sie vom Marktplatz mit nach Hause nehmen:
- Was funktioniert im Bezug zur Vermarktung von NHP in der Steiermark gut?
Es wurden verschiedene Beispiele aufgezeigt, wie kleine ProduzentInnen von institutioneller Seite unterstützt werden: Urlaub am Bauernhof, die Naturparke, die Genussregionen und die Innovationsregion Zirbenland. Auch andere Verbände oder regionale Organisationen verwenden des Öfteren ein gemeinsames Label zwecks professionellen Marketings für Ihre Mitglieder. Seitens der TeilnehmerInnen wurde darauf hingewiesen, dass es hierbei aber nicht nur um eine gemeinsame Marketingplattform geht – es werden auch weitere Leistungen für Mitglieder angeboten, z.B.: Infomaterialien, Kurse, regelmässige Treffen zum Erfahrungsaustausch oder eine Spezifizierung der Qualitätsanforderungen (Minimumstandards).
Ein weiterer positiver Aspekt, der im Zuge der Diskussion aufkam, beleuchtete die Themen Tradition und Innovation. Allem Anschein nach tragen sowohl traditionelles Wissen, als auch innovative Ideen positiv zur Entwicklung de NHP-Sektors in der Steiermark bei. Dem aktiven Wissensaustausch zwischen den AkteurInnen wird eine besondere Bedeutung zugemessen - sowohl innerhalb der Region, aber auch über die regionalen Grenzen hinaus. Aus Sicht der RepräsentantInnen benötigt es sowohl eine starke “lebendige” Identifizierung mit der Region (regionaler Stolz) als auch eine Offenheit neuen Ideen und externen Einflüssen gegenüber, um mit der voranschreitenden Globalisierung umgehen zu können und wettbewerbsfähig zu bleiben. Es ist oft eine Frage der Zeit bis sich aus einer initialen Idee heraus eine Erfolgsgeschichte entwickelt. Institutionelle Strukturen wie zum Beispiel das Netzwerk von Urlaub am Bauernhof brauchten mehrere Dekaden um so professionell und erfolgreich wie heute agieren zu können. So bedarf es wohl auch im Zusammenhang mit alten Traditionen, ursprünglichem Wissen und moderner Wertehaltung eine langfristige Unterstützung seitens der Politik – dies kann nicht einfach “installiert” werden.
- Welche Herausforderungen gibt es?
Ein wesentlicher Faktor in Österreich ist die Höhe der Lohnkosten. Da die meisten präsentierten NHP arbeitsintensiv produziert werden, so gestaltet sich auch der Preis dieser Produkte entsprechend hoch. Obwohl diese meistens originell gestaltet sind und vielfach auch in den Medien aufgegriffen werden (z.B. Zeitungsberichte, TV), ist es nach wie vor schwierig, die Bereitschaft seitens der KonsumentInnen zu gewinnen, einen höheren Preis für diese Produkte zu bezahlen.
Des Weiteren wurde auch die prekäre Situation der Abwanderung aus ländlichen Gegenden (Landflucht) thematisiert. Wie kann man jüngere Generationen in der Region halten bzw. dazu motivieren, sich in diesen (NHP-)Märkten zu engagieren? Es gibt nach wie vor einen Trend der Entvölkerung am Land sowie der Abwanderung von Fachkräften, was mit verschiedenen Gründen in Zusammenhang gebracht wurde (z.B. Arbeitsmarkt, Bildung, Partnerschaft). Interessanterweise wurde auch von den lokalen VertreterInnen angegeben, dass diese Ihre Kinder dazu motivieren, die Region zur Ausbildung (vorübergehend) zu verlassen – in der Hoffnung, dass diese zu einem späteren Zeitpunkt, um einige Erfahrungen reicher, wieder heimkehren. Die bereits erwähnte Stärke der Verschmelzung von Tradition und Innovation könnte eine Möglichkeit sein, um dem Problem der ländlichen Abwanderung entgegenzuwirken.
“Upscaling”, also eine Maßstabsvergrößerung, war ein bedeutender Punkt in der Gruppendiskussion. Die überwiegend als Nischenprodukt zu bezeichnenden NHP-Beispiele, die auf dem Marktplatz präsentiert wurden, stammen im Wesentlichen von Kleinst- oder KleinproduzentInnen (Mikrounternehmen), die begrenzte Mengen für vorwiegend lokale Märkte produzieren. Wie lassen sich diese kleinstrukturierten Produktionsstätten, die oftmals als Familienbetrieb geführt werden, auf industriellen Maßstab bringen? “Eine Ausweitung der Produktion ist oft problematisch, da man z.B. als ProduzentIn von 200 Einheiten jährlich auf 20.000 steigern müsste” wurde argumentiert. Diese Situation könnte für jemand zutreffend sein, der Marmelade bisher auf bäuerlichen Wochenmärkten vermarktet hat und diese nun über den Großhandel vertreiben möchte (z.B. Supermarktkette). Diese Umstellung kann gleichbedeutend mit einer vollständigen Unternehmensumwandlung sein, u.a. mit folgenden Herausforderungen denen es zu begegnen gilt:
- es braucht eine neue Technologie für die Produktion (z.B. von handgefertigt zu industriell)
- die Versorgung muss neu organisiert werden (z.B. kleine Mengen oft unregelmäßig geernteter Rohmaterialien müssen nun fortlaufend und in größeren Mengen bereitgestellt werden)
- es bedarf neuer Investitionen (Fremdkapitalbedarf)
- es braucht neues Wissen zu Unternehmensführung (z.B. aus der Selbständigkeit, hin zur Beschäftigung von Personal)
- ein neuer Marketingansatz muss gewählt werden (z.B. neue Art der Werbung, neue Kanäle) und
- es gelten geänderte rechtliche Rahmenbedingungen (z.B. Wechsel von einer selbst produzierten Hautcreme hin zu einem pharmazeutischen oder medizinischen Produkt welches getestet und genehmigt werden muss)
Obwohl dieser kurze Bericht bei weitem nicht alle Aspekte beleuchten kann, die u.a. an den Ständen oder in Kleingruppen im Rahmen des 2,5 stündigen Wissensaustauschs auf dem Marktpatz erörtert wurden, so soll hier zumindest ein Einblick in die Vielfältigkeit geboten werden, die sich im Kontext von Nichtholzprodukten in der Steiermark (und somit auch in Österreich) eröffnet. Aus Sicht der TeilnehmerInnen kann auf einen ganz besonderen “Marktplatz” zurückgeblickt werden, der den internationalen Gästen ein breiteres Verständnis zu NHP in Österreich und nationalen VertreterInnen neue Perspektiven auf heimische Herausforderungen vermitteln konnte. Der Event wurde von allen Beteiligten als hervorragende Möglichkeit für transnationalen Wissenstransfer wahrgenommen.
Alle Fotos von Ivana Zivojinovic (EFICEEC)
Die Organisatoren danken der Landesforstdirektion Steiermark für die finanzielle Unterstützung des StarTree GA Meetings.